Donnerstag, 14. Februar 2013

Berlinale 2013: Endzeit, An Episode in the Life of an Iron Picker, Prince Avalanche und Night Train to Lisbon

Los ging der siebte Berlinale-Tag für mich mit dem Film Endzeit aus der Perspektive Deutsches Kino. Auf der Erde hat es eine Naturkatastrophe gegeben und es gibt nur wenige Überlebende. Eine junge Frau lebt allein im Wald und ernärt sich von dem was sie findet und den Tieren, die in ihre Falle gehen. Dann trifft sie auf einen jungen Mann. Zunächst ist sie noch misstrauisch und vorsichtig, freundet sich dann aber mit ihm an und geht auch eine sexuelle Beziehung mit ihm ein. Er möchte zu den Bergen weiter gehen, weil er gehört hat, dass dort Menschen leben und eine neue Stadt aufbauen. Die Frau würde lieber alleine im Wald bleiben, geht aber dennoch mit ihm mit. Die beiden begegnen dann einem älteren Mann mit einem verletzten Bein. Dieser verspricht den beiden mit ihnen seine Vorräte zu teilen, wenn sie ihm helfen, ihn zu seiner Frau und Tochter zu bringen. Im Haus angekommen erfährt der Zuschauer jedoch, dass sich die Mutter bereits vor einiger Zeit erhängt hatte. Bis dahin hat der Film mir gefallen, doch die Story entwickelt sich nicht weiter. Die junge Frau will weg, ihr Freund will bleiben. Sie geht alleine, trifft im Wald auf einen weiteren Mann, sie flieht zurück zum Haus, der Fremde folgt ihr. Dabei hatte ich das Gefühl, dass dem Drehbuchautor die Ideen ausgingen und er eine weitere Person einführen musste, die die Geschichte dann aber auch nicht voran bringt. Der Fremde wird im Haus aufgenommen, später jedoch von Wölfen getötet. Als die Vorräte zu ende gehen, erhängt sich der Vater, damit die Tochter mit den anderen weiterziehen kann. Sie bleibt dennoch im Haus und die beiden Übrigen gehen ohne sie fort. Aus dem Film hätte man mehr machen können, ab der Hälfte zog er sich in die Länge. Schade.

Im Anschluss sah ich den Wettbewerbsbeitrag An Episode in the Life of an Iron Picker aus Bosnien und Herzegowina. Eine Roma-Familie lebt von dem Geld, das der Vater für das Altmetall erhält, das er auf Müllkippen einsammelt. Die Mutter kümmert sich um den Haushalt und die beiden kleinen Kinder. Als sie eine Fehlgeburt erleidet und ihr eine Blutvergiftung droht, fährt die Familie ins Krankenhaus in der entfernten Stadt. Da sie aber nicht krankenversichert ist und die Familie das Geld für die notwendige Operation nicht bezahlen kann, wird sie abgewiesen. Auch als die Schmerzen und Blutungen schlimmer werden, will ihr der Arzt nicht helfen. Auch die verschiedenen wohltätigen Organisationen können nichts ausrichten. Der Familie bleibt nur übrig, mit der Versichertenkarte der Cousine unter falscher Identität in ein anderes Krankenhaus zu fahren. Dort wird sie sofort operiert und der Arzt meint, dass es höchste Zeit gewesen wäre. Doch die Probleme hören damit nicht auf, die Mutter muss teure Medikamente nehmen und der Familie wurde inzwischen der Strom abgestellt, konnte der Vater in den letzten Tagen doch kein Geld verdienen. Ein sehr realistischer, sehr bewegender Film. Von den Filmen, die ich bisher im Wettbewerb gesehen habe, würde ich diesem den Golden Bären geben.



Der nächste Film war dann Prince Avalanche, ebenfalls ein Film im Wettbewerb. Er handelt von zwei Männern (gespielt von Paul Rudd und Emile Hirsch - beide anwesend), die für den Straßenbau arbeiten und über Wochen gemeinam auf einer einsamen Landstraße die Farbahnmarkierung anbringen. Nachts schlafen sie gemeinsam in einem Zelt, nur am Wochenende treibt es den Jüngeren in die Stadt. Der Ältere bleibt lieber für sich und genießt die Einsamkeit. Die einzige Verbindung zwischen den ungleichen Männern ist, dass der Ältere eine Beziehung mit der Schwester des Jüngeren hat. Um ihr einen Gefallen zu tun, hat er dem Jüngeren den Job besorgt. Als die Schwester per Brief die Beziehung beendet, geraten die beiden Männer zunächst in einen Streit, der sie letztlich jedoch einander verstehen lässt und sie näher zusammen bringt. Ein ungewöhnliches Roadmovie mit Witz.

Bild: Jessica J. Beckmann
Als letzten Film des Tages habe ich den Wettbewerbsbeitrag (außer Konkurrenz) Night Train to Lisbon gesehen. Die Literaturverfilmung von Bille August erzählt von einem Lehrer, der in Bern eine Frau vor dem Suizid bewahrt. Diese läuft im zwar davon, doch lässt sie ihren Mantel bei ihm. Darin findet er ein Buch eines portugiesischen Autors, das ihn fasziniert. Außerdem findet er ein Zugticket nach Lisabonn. In der Hoffnung, die Frau dort wiederzufinden, geht er zum Bahnhof. Als die Frau nicht auftaucht, steigt er spontan in den Zug ein. In Lissabon begibt er sich auf die Suche nach der Frau und dem Autor des Buches. Er muss jedoch feststellen, dass der Autor vor Jahren verstorben ist. So trifft er die Schwester und frühere Freunde des Autors und erfährt so nach und nach mehr von seiner Rolle in der Nelkenrevolution. Sein eigenes Leben kommt dem Lehrer dabei unbedeutend und langweilig vor. In Unkenntnis der Romanvorlage hat mir die Geschichte des Films und dessen Umsetzung sehr gefallen. Anwesend im Berlinale-Palast waren neben dem Regisseur u. a. Jeremy Irons, Jack Huston, Martina Gedeck, August Diehl und der bereits 90-jährige Christopher Lee.

2 Kommentare:

  1. JJB zu Night Train to Lisbon:
    Diesmal war ich in weiser Voraussicht vorbereitet und habe mich durch meine Geschichts-Expertin, die sogar das Buch kennt, im Voraus briefen lassen. Wobei diesmal überraschender Weise die Hintergründe auch im Film erstaunlich nachvollziehbar erläutert wurden. In Unkenntnis des Buches, kann ich leider nicht in Anspruch nehmen, zu beurteilen, ob es eine gelungene Literaturverfilmung war. Mir hat der Film jedoch gut gefallen und die sehr lebendig zitierten Zeilen aus dem leider fiktiven Roman des ebenso fiktiven Amadeu de Prado machen Lust darauf nachzulesen. So wird der Nachtzug nach Lissabon wohl demnächst auf meinem Nachttisch anhalten. (http://www.lesekost.de/deutsch/de2/HHLD85.htm)

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  2. JJB zu Endzeit:
    Auch dieses Drehbuch wurde von einem Roman adaptiert. Leider ist mir der Titel unbekannt. Im Gegensatz zu "Night Train" bekommt man jedoch während des Films keine Lust, sich literarisch weiter in das Thema zu vertiefen. Die Story ist recht platt angelegt und über das woher und wohin der Figuren werden kaum Informationen preisgegeben. Da gibt es derzeit sehr viel ausgefeiltere Dystopien auf dem Markt, sogar im Jugendbuchsektor. Aber auch diese werden uns ja (LEIDER) alle sehr bald auf der Kinoleinwand begegnen.

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